Entstehung der Garde Landin

Im Jahr 1999 verkleideten wir uns erstmals mit selbst geschneiderten Uniformen als Artilleristen zu einer Faschingsveranstaltung. Unsere hochwertige Kanone bestand aus einem Fallrohr und aus Metall gefertigten Rädern. Die Munition bestand aus einem einfachen Blitzknaller. Aus diesem Knaller wurde letztendlich ein richtiger Knaller. Wir bekamen den ersten Preis und dann hieß es: „Landin hat jetzt eine Garde“, oh wie toll dachten wir. Jetzt standen wir da mit unserer super Kanone und unseren tollen Uniformen. So kann keine Garde umherlaufen, sagten wir uns. Wir, dass sind Thomas Grösch , Joachim Gehrke und Christopher Grösch. Ja so eine richtige Uniform und eine richtige Kanone, dass wäre schon was, aber wo bekommt man diese Sachen her und in welchen preislichen Rahmen bewegt sich das? Welches Regiment wollen wir denn eigentlich darstellen und wo bekommt man Informationen über diese ganze Sache her?

Fragen über Fragen, die kein Ende nehmen wollten. Es half nichts, es stand erst mal ein Museumsbesuch in Berlin an. Der half uns aber auch nicht so richtig weiter. Es macht schnell die Runde, dass wir etwas mehr vorhaben und so kam es, dass sich noch einige Gleichgesinnte anschlossen. So besuchten wir einige historische Veranstaltungen als Besucher, um einige Kontakte über Uniformen und Bewaffnungen zu erhaschen. Das Internet ist eine gute Erfindung und so versorgten wir uns mit Büchermaterial über die Befreiungskriege und ihre Bewaffnungen. Wir entschlossen uns am 01.11.1999 die Interessengemeinschaft ,,1. Garde Artillerie-Regiment-Landin anno 1999″ zu gründen. Also die Gründungsmitglieder waren die drei bereits genanten und meine Frau Sylvana Grösch.

Der Weg stand also fest, wir werden eine Artillerieeinheit. So ging es also los, wir hatten nun ein wenig Nachschlagewerke ergattert und fingen an, uns aus alten Feueruniformen eine etwas wetterfeste Klamotte zu schneidern. Die 1. Helme wurden noch aus Pappe gefertigt und es folgten aber bald Helme aus Lederüberzug. Wie wir leider feststellen mussten, weit weg vom Originalen. Na ja, es fängt eben mal jeder klein an. Das Belesen und das Ausschöpfen von Kontakten nahm kein Ende, aber wir kamen der Sachlage schon etwas näher. Wir wussten so nach und nach, was eine originale Uniform und Kanone kostet. Es ist schon interessant, was 200 Jahre alte Uniformen und Kanonen noch kosten können. Aber das war ja noch nicht alles, so einfach darf man diese historischen Waffen nicht bedienen. Jetzt ging es wieder los, wo meldet man sich an? Wo kann man einen Lehrgang besuchen? Was kostet dieser Lehrgang? Wie lange ist was gültig? Es war schon zum verzweifeln. Wir hatten keine Quelle, die uns in diesen Fragen unterstützen konnte. Also mal wieder durchwursteln bis Licht am Tunnel zu sehen war. Diese bürokratische Hürde, wurde dann nach einiger Zeit gemeistert. So, Prüfung bestanden, Pulver im Waffenschrank und nun muss eine Kanone her. Da nur ich, eine Bescheinigung besaß und wir immer an die 200 km für ein Kilogramm Pulver fahren mussten, entschlossen wir uns für ein kleineres Kaliber.

Ein Bekannter fertigte uns eine Lafette und passte das 1. Kanonenrohr im Kal. 37mm an. Die dazugehörige Protze, fertigte unser Kamerad Gerhard Scheler. So nun hatten wir die erste Ausstattung geschafft und zogen zu Dorf- und Stadtfesten, wo wir unsere ersten Biwaks errichteten. Das Landin unter Waffen steht, dass machte schnell die Runde und so waren wir im Jahr so einige Wochenenden unterwegs. Es kam, dass einige die IG verlassen haben und es kamen neue dazu, denn wir waren im ständigen Wandel der Zeit. Wir strebten nicht wie andere nach vorn, sonder nach hinten. Ich möchte damit sagen, dass wir eine Zeit ohne Handy und ohne TV ansteuern. Eine Zeit ohne Wasser aus der Wand oder Licht bei Schalterdruck. Es ist eine Zeit, wo in Militärzelte (A-Zelte) geschlafen wird, wo das Wasser im Eimer geholt wird und der Kaffee/Essen übers offene Lagerfeuer hergerichtet wird. Eine Zeit, wo der Winter kalt ist, der Sommer heiß und der Herbst nass, wo die Uniformen kaum noch im Biwak trocknen. Die Geschütze versinken im Schnee, Schlamm oder die Sonne brennt auf dem Gefechtsfeld. Warum muss man sich diese Strapazen eigentlich antun? Vielleicht versuchen wir den Alltag ein Wenig zu entfliehen und finden bei diesem historischen Hobby einen persönlichen Ausgleich und innere Ruhe. Obwohl man bei der Artillerie nicht unbedingt von Ruhe sprechen kann. Man muss wohl ein wenig militärbegeistert sein, um dieses doch anspruchsvolle und nicht gerade billige Hobby zu betreiben. Wir versuchen die militärhistorische Geschichte aus den Zeiten der Napoleonischen Befreiungskriege 1813-1815 so getreu, wie nur möglich nachzustellen. So versuchen wir zu zeigen, dass man auch heute noch Geschichte erleben kann, auch wenn sie schon fast 200 Jahre alt ist. Ich finde es sehr schön, wenn man junge Menschen für diese Sache begeistern und auch halten kann. Es ist bestimmt für jeden der unser oder auch ein anderes Regiment beitritt ein Urknall, wenn es heißt angetreten zum Exerzieren und Waffendrill nach alten Reglement.

Da wir vom Frühjahr bis in den späten Herbst viel unterwegs sind, ist es meistens so bei uns, dass die ganze Familie dem Verein beitritt. Im Böllerschießen sind wir jetzt durchtrainiert und nun steht das 1. Scharfschießen an. Die Kanonenkugeln wurden selbst gegossen und mit speziellem treffsicherem Wasser geweiht. So kam es, dass das 1. Scharfschießen doch mehr eine Lehrprobe für uns war. Getreu dem Motto Volkseigentum nicht beschädigt. Das heißt Treffer null. Es ist leider so, dass man dieses Scharfschießen nur schlecht trainieren kann und wir wollen ja keinen Wettkampfsport betreiben, sondern Geschichte nachstellen. Aber es hat uns als Garde doch tief getroffen und so hat man hier und dort mal gekuckt und eigentlich nichts gesehen. So kam ein neues Jahr neues Glück, 7 Schuss und 7 Treffen und im gesamten den 2. Platz. Na geht doch. Es wurde immer preußisch exakt in Uniform geschossen. Na ja, wir haben jetzt eine Kanone, Infanterie,- Hieb- und Stoßwaffen. Wir haben originale Zelte, aber wir haben noch keine originale Uniform. So musste jeder von uns einige Taler an der Haushaltskasse vorbeischleusen.

Mit Unterstützung von unserem Amt Oder/Welse und unserem König war es uns möglich geworden, den Geheimauftrag ,,Uniformen“ auszulösen. Der Entschluss welches Artillerieregiment wir nachstellen wollten, stand schon lange fest und so wurde im Frühjahr 2010 der Auftrag zur Fertigung der Uniform des 1. königlich preußischen Gardeartillerieregiment zu Fuß No.1 , 2. Kompanie aus den Zeiten der Napoleonischen Befreiungskriege abgegeben. Die Uniformen wurden im Juli 2010 fertig gestellt und an uns übergeben. Im April 2010 wurde unser Vereinsraum nach alten Vorbild durch uns und durch die Unterstützung unseres Amtes und noch vielen Sponsoren fertig gestellt. So konnten wir zwei Projekte in kurzer Zeit fertigstellen. Dies soll ein kleiner Einblick in unsere Gründungs- und Entwicklungsphase gewesen sein. Es ist jeder gern gesehen, der Interesse an der preußischen Militärgeschichte hat und diese mit uns erleben möchte.

 

     Mit kameradschaftlichen Gruß

               Thomas Grösch

                Major der Garde

  1. Garnisonsdorf der Uckermark